Novelle des Straßenverkehrsgesetzes verabschiedet 

Nach einem halben Jahr in der Schwebe haben sich Bundesrat und Bundestag auf eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geeinigt. Kern ist die Verankerung der neuen Regelungszwecke „Umweltschutz“ (inkl. Klimaschutz), „Gesundheitsschutz“ und „geordnete städtebauliche Entwicklung“.

Damit ist die Grundlage geschaffen, auch auf diesen Zwecken basierende Vorgaben für die Straßenverkehrsbehörden in der StVO festzulegen. Bislang konnten die Straßenverkehrsbehörden verkehrsrechtliche Anordnungen nur auf die Regelungszwecke „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ stützen. Die Handlungsspielräume für Kommunen, den Verkehr auf ihren Straßen verträglich zu gestalten, waren dadurch erheblich eingeschränkt.

Mit der Reform besteht nun die Möglichkeit, im Zuge einer Anpassung der StVO diesen Handlungsspielraum zu erweitern. Ein Erfolg für die über 1.000 Kommunen, die sich in den letzten Jahren der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ angeschlossen haben, um mehr Entscheidungsfreiheit bei straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen einzufordern.

In unserer Arbeit erleben wir allzu häufig, dass die engen Grenzen der StVO für verkehrsrechtliche Anordnungen der Realität vor Ort überhaupt nicht gerecht werden. Maßnahmen werden verhindert, über die breite Einigkeit besteht und die aus fachlicher Sicht sinnvoll und zielführend wären. Aber auch zulässige Maßnahmen werden durch enormen Aufwand für eine rechtssichere Begründung zumindest massiv verzögert. Damit werden – die in Zeiten des Fachkräftemangels ohnehin mangelnden – personelle Kapazitäten in Planung und Verwaltung gebunden und die Umsetzung der Verkehrswende ausgebremst.

Der jüngste Entwurf für die Neufassung der StVO setzt die Möglichkeiten, die das reformierte StVG liefert, jedoch bisher nur in sehr engen Grenzen um.

Vereinfachungen soll es nur punktuell geben:

  • Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen an wichtigen Schulwegen, Spielplätzen und Fußgängerüberwegen („Zebrastreifen“) oder auf kurzen Abschnitten zwischen bestehenden Tempo 30-Strecken
  • Einrichtung von Busspuren und Bevorrechtigung von Bussen an Ampeln
  • Einrichtung von Fußgängerüberwegen
  • Bereitstellung von Flächen für den Fuß- und Radverkehr
  • Bewohnerparkregelungen

Das ist ein kleiner Schritt nach vorn, jedoch nicht der lange erhoffte große Wurf, der Schwung in die Verkehrswende bringt. Anstatt das große Hindernis §45 (9) StVO grundsätzlich zu reformieren, wie in Rechtsgutachten empfohlen wird, wird es mit weiteren Ausnahmen versehen. Es bleibt zu hoffen, dass der Verordnungsgeber die neuen Möglichkeiten des StVG zum Anlass nimmt eine längst überfällige umfassende Reform der StVO anzustoßen.