Elektromobilitätsstudie für die Stadt Emden fertiggestellt

Im vergangenen Jahr durften wir gemeinsam mit PWC für die Stadt Emden eine Elektromobilitätsstudie erstellen. Dieser Eintrag soll einen Einblick in das Projekt geben. Wir bedanken uns bei der Stadt Emden für die gute Zusammenarbeit!

Was war der Anlass für das Projekt?

Für die Stadt Emden, als zentraler Einsatz- und Produktionsort der Automobilindustrie sowie für erneuerbare Energien und Energiedrehscheibe für den On- und insbesondere für den Offshore-produzierten Strom, ist der Einsatz alternativer Antriebsarten, wie der batterieelektrischen Mobilität, von zentraler Bedeutung. Durch das vom BMVI im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität geförderte Projekt mit der Laufzeit von April 2020 bis Mai 2021 soll die Sektorenkopplung von Stromproduktion und Mobilität befördert werden. Dies steht im Einklang mit den, im Masterplan 100 % Klimaschutz beschlossenen, klimapolitischen Zielen der Stadt. Die Elektromobilitätsstudie sollte lokalspezifische Möglichkeiten für eine zukünftig verstärkte Integration von Elektromobilität in das Verkehrssystem der Stadt Emden untersuchen, damit die Stadt ihre Rolle als innovativer Vorreiter für die Region im Bereich des umweltschonenden Verkehrs zukünftig weiter ausbauen kann.

Die Studie beleuchtet folgende Arbeitspakete:

  1. Strategische Elektrifizierung und Umstellung des Emder Busverkehrs
  2. Stärkung der E-Mobilität in der lokalen Wirtschaft
  3. Ladeinfrastrukturausbau im privaten, halb- und öffentlichen Raum in Kombination mit erneuerbaren Energien zur Deckung des Bedarfs bis 2030
  4. Identifizierung alternativer Mobilitätsoptionen und Standortvorschläge alternativer Mobilitätsangebote
  5. Synergien zur lokalen Wasserstoff-Wirtschaft

Diese Schwerpunkte waren für uns besonders spannend:

Es wurde u. a. die Frage beantwortet, wie der Emder ÖPNV zukünftig innovativ und bedarfsgerecht umgesetzt werden kann. Dafür wurden sowohl Empfehlungen für eine mögliche Neuausrichtung des Stadtverkehrs hin zu einem zukunftsfähigen und flexiblen Verkehr, als auch als Schwerpunkt der Betrachtung, eine sinnvolle Elektrifizierungsstrategie der Busflotte entwickelt. Im Rahmen der Bearbeitung wurde ein öffentlichkeitswirksamer Workshop für den Emder ÖPNV der Zukunft durchgeführt. Der Veranstaltungseinladung der Stadt Emden und der Stadtverkehre Emden folgten 24 Teilnehmende aus der Politik, der Verkehrsbranche, dem Beirat für Menschen mit Teilhabeeinschränkung und Seniorenbeirat sowie der Wissenschaft. Es konnten wichtige Impulse vom VDV (Hr. Dr. Till Ackermann) über die Zukunft des ÖPNV und anwendungsbezogene Tipps und Hinweise zur Einführung eines flexiblen On-Demand-Verkehrs durch die LVB (Hr. Johannes Simons) gegeben werden. Es wurde die Meinung geteilt, dass es zukünftig eines hoch frequentierten Kernnetzes mit Ost-West- sowie Nord-Süd-Verbindungen bedarf, das durch Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ergänzt wird. Das Emder Verkehrssystem soll durch ein bedarfsgerechtes und digitalisiertes System attraktiver gestaltet werden und damit auch neue Kundengruppen erreicht werden.

Für die zukünftige strategische Ausrichtung der Emder Akteure zum Ladeinfrastrukturausbau, wurde eine Bedarfsprognose für das gesamte Stadtgebiet Emden mit Hilfe des Prognosemodells der Mobilitätswerk GmbH „GISeLIS“ durchgeführt. Dabei wurden auch langfristige Projekt- und Strategieziele zum Aufbau einer Modellregion Ostfriesland für den Ausbau von Ladeinfrastruktur entwickelt und in der Prognose berücksichtigt. Aufbauend auf den Problemstellungen der Stadtwerke wurden drei konkrete Standorte im Detail untersucht und Empfehlungen zum zukünftigen Handeln der Akteure gegeben.

Um Unterstützungsbedarfe der Emder Unternehmen und zukünftige Potentiale ermitteln zu können, wurde für diesen Arbeitsschwerpunkt eine umfangreiche Unternehmensbefragung durchgeführt, an der sich mit einer überdurchschnittlich hohen Teilnahmequote von 32,5 % insgesamt 162 Unternehmen beteiligten, durchgeführt. Zur Beantwortung der Fragestellungen in den Unternehmen wurde zum einen ein Workshop zur Elektrifizierung von Gewerbeflotten durchgeführt (mehr Informationen weiter unten) und zum anderen im Abschlussbericht ein Handlungsleitfaden für Unternehmen entwickelt.

Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Wasserstoff. Die Stadt Emden ist im Bereich der erneuerbaren Energien sehr gut aufgestellt: Bereits heute wird rechnerisch mehr Strom erneuerbar produziert als verbraucht. Durch die Nähe zu den Offshore-Windparks und Emdens Position als zentrale Drehscheibe für die Verteilung von Offshore-Strom, weist die Hafenstadt eine besonders hohe Eignung auf, um Synergien im Bereich der Wasserstoff-Wirtschaft zu realisieren. Damit kann auch ein wichtiger Schritt für die Klimaneutralität und die Ziele des Masterplans 100 % Klimaschutz gegangen werden. Aufbauend auf den zahlreichen bereits durchgeführten Aktivitäten zur Produktion und Anwendung von Wasserstoff sowie den aktiven Kompetenzträgern, stellt die Studie Synergien und Wertschöpfungspotentiale beim Einsatz von Wasserstoff dar.

Zusätzlich zu den ursprünglich geplanten Arbeitsschwerpunkten wurde das Thema der Quartiersentwicklung beispielhaft beleuchtet. Mit dem Ziel der Schaffung eines ganzheitlich attraktiven Mobilitätsangebotes für die Stadt Emden wurde der Einsatz alternativer Sharing-Angebote im Detail untersucht. Dafür wurden sowohl die Eignung der Angebote für die Stadt, als auch potentielle Nutzergruppen und sinnvolle Standortvorschläge dargelegt. Als Besonderheit wurde dargestellt, wie ein neu entstehendes Wohnquartier im Stadtteil Conrebbersweg optimal mit alternativen Mobilitätsangeboten erschlossen werden könnte, um die Notwendigkeit des privaten Pkw-Besitzes möglichst stark zu reduzieren.

Am 26.05.2021 wurden die Ergebnisse des Projektes aufgrund der Pandemielage als Präsenzveranstaltung in einem kleineren Rahmen im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Abschlussbericht der Elektromobilitätsstudie kann im Bürgerinformationssystem der Stadt Emden heruntergeladen werden.

Wie wird mit den Ergebnissen weitergearbeitet?

Die Lade- und Standortwünsche der Bürger*innen konnten im Rahmen des Projektes noch einmal hervorgehoben werden. Es wurde eine langfristige Erfassung empfohlen, damit die Ladebedarfe auch an wirtschaftlich nicht rentablen Standorten gedeckt werden können. Gemeinsam mit den Stadtwerken und der Stadt Emden wurde die Finanzierung von Ladeinfrastruktur an wirtschaftlich nicht attraktiven Standorten diskutiert. Die Stadt wurde für eine Co-Finanzierung und Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke sensibilisiert, aber auch dafür, Flächeneigentümer stärker einzubinden, um Ladeinfrastruktur auszubauen und den Ladebedarf insbesondere auch von Anwohner*innen in Wohngebieten decken zu können.

Durch die Stadtwerke kann gewährleistet werden, dass der lokal erzeugte Strom aus erneuerbaren Energiequellen aus der Region stammt. Die Einführung und Stärkung der Elektromobilität trägt damit einen wesentlichen Teil zur Erreichung der Klimaschutzziele bei.

Die Stadtverkehre Emden werden durch die Empfehlungen von PWC und dem Mobilitätswerk eine Homogenisierung der Fahrzeugflotte anstreben und möchten alternative Antriebsarten für die zukünftige Busflotte bevorzugen. Zudem wird über die Flexibilisierung des ÖPNV in Randbereichen nachgedacht, um den klassischen liniengebundenen Verkehr auf Kernrouten zu stärken.

Zur weiteren Ergänzung des ÖPNV wird eine ggf. an Mobilitätsstationen gebündelte Umsetzung von Sharing-Angeboten geprüft.

Zukünftig wird die lokale Wirtschaft für den Einsatz von Elektromobilität sensibilisiert. Dafür bestehen Beratungsangebote der Stadtwerke, deren Ausweitung geprüft wird.

Über das Konzept hinaus sind Bemühungen entstanden, auch überregional Potenziale zur Förderung der Elektromobilität auszuschöpfen. So gibt es Bestrebungen im Rahmen der Allianz von Ostfriesland (Verbund der drei ostfriesischen Landkreise Aurich, Leer, Wittmund sowie der kreisfreien Stadt Emden/sogenannter „Ostfriesland-Plan“), Aspekte der Projektskizze „Modellregion Elektromobilität“, aber auch darüber hinaus für die Region Emden-Ostfriesland zu realisieren. Die Stadt Emden würde dabei die Rolle des Leuchtturmprojekts Elektromobilität übernehmen.