Projekt „Ich entlaste Städte“ – Ein Testangebot für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen

Lastenräder haben sich in den vergangenen Jahren bei privaten Transporten und insbesondere bei der Beförderung von Kindern als hervorragende Alternative zum Pkw herausgestellt. Mittlerweile sind private Lastenräder in vielen Regionen Deutschlandes ein fester Bestandteil unseres Verkehrsbildes. Doch gerade auch im gewerblichen Kontext können Lastenräder eine bedeutende Rolle bei der leisen, emissionsarmen und stadtverträglichen Gestaltung des Wirtschaftsverkehrs einnehmen.

Wie praktikabel der Umstieg auf ein Lastenrad für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen tatsächlich ist, wurde im Rahmen des Projektes „Ich entlaste Städte“ herausgestellt. Das Projekt wurde durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit Förderung des Bundesumweltministeriums durchgeführt. Insgesamt 755 Unternehmen, Freiberufler:innen und öffentliche Einrichtungen aus ganz Deutschland wurde für etwa drei Monate der Zugang zu einem Lastenrad ermöglicht. Dazu wurde dieses den Teilnehmenden aus diversen Betätigungsfeldern zu einer Pauschale von einem Euro pro Tag zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmenden wurden dabei vor, während und nach der Nutzung wissenschaftlich begleitet. Insgesamt wurden so während der Laufzeit von Januar 2017 bis August 2020 über 300.000 km mit dem Lastenrad zurückgelegt und Verkehrsdaten, wie etwa die zurückgelegten Strecken und Fahrzwecke, festgehalten. Damit konnten neben der eigentlichen Nutzung und Eignung des Lastenrades auch umfangreiche Erkenntnisse zur Motivation und Kaufentscheidungen der Teilnehmenden sowie zu den wahrgenommenen Treibern und Hemmnissen beim Umstieg aufs Lastenrad gewonnen werden. Auf Grundlage der gewonnenen Verkehrsdaten konnten zudem Einsparpotenziale bei Treibhausgasemissionen ermittelt werden.

Das Interesse an der gewerblichen Nutzung von Lastenrädern ist in Deutschland sehr hoch. Neben den Teilnehmenden bewarben sich über 1.000 weitere Unternehmen und öffentliche Einrichtungen. Tatsache ist: Das Lastenrad kann für verschiedenste Aufgaben in den unterschiedlichen Betätigungsfeldern effektiv eingesetzt werden. So gab es keinen Wirtschaftszweig, in dem die Eignung des Lastenrades ausgeschlossen wurde. Dabei schätzten die Nutzer:innen vor allem Vorteile bei der Parkplatzsuche, den Wartungs- und Anschaffungskosten, der Erreichbarkeit und insbesondere für das Firmenimage. Aber auch die körperliche Gesundheit und nicht zuletzt der Spaßfaktor spielte eine Rolle. Im Zuge des Projektes wurden die zurückgelegten Strecken hinsichtlich der Fahrzeit mit einer virtuellen Autofahrt verglichen. Hier schnitt das Lastenrad insbesondere bei kurzen Distanzen gut ab. Auf Strecken von bis zu 3 km waren die Fahrzeiten vergleichbar. Bei etwa der Hälfte aller Fahrten hätte die Autonutzung lediglich zwei bis 10 Minuten Fahrzeit erspart – und das ohne Berücksichtigung der Parkplatzsuche. Das Lastenrad und die Gelegenheit, dessen Möglichkeiten selbst zu erproben, konnten überzeugen. So schafften sich 29 % aller Teilnehmenden im Anschluss an das Projekt ein eigenes Lastenrad an!

Es freut uns vom Mobilitätswerk, wenn stadtverträgliche Alternativen zum MIV weiter gefördert und untersucht werden. Denn auch wenn das Lastenrad unter den bestehenden Bedingungen bereits für viele Unternehmen und Einrichtungen effektiv und wirtschaftlich betrieben werden kann, wird das Potenzial bislang noch kaum ausgeschöpft. Neben der mangelnden Kenntnis schrecken vor allem die unzureichende Infrastruktur, das Diebstahlrisiko, die Kosten, das Fahrradangebot sowie der kaum existente After-Sales-Markt und der Mangel eines Service-Netzwerkes vom Umstieg auf ein Lastenrad ab. Dagegen nahmen die Teilnehmenden finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung, aber auch den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur sowie Push-Maßnahmen im MIV als Werkzeuge zur weiteren Förderung wahr.

„Ich entlaste Städte“ schafft Gewissheit. Das Lastenrad ist als Verkehrsmittel auch im gewerblichen Kontext in den unterschiedlichsten Situationen eine konkurrenzfähige und wirtschaftliche Alternative und viele Unternehmen sind grundsätzlich an einer Nutzung interessiert.  Dennoch bedarf es weiterer Förderungen, um potenzielle Nutzer:innen zu informieren, zu vernetzen, den Zugang zu ermöglichen und ein Service-Netzwerk, insbesondere für die Wartung der zunehmend komplexen Fahrzeuge, aufzubauen. Wir vom Mobilitätswerk bringen uns darum gerne auch in Zukunft in Mobilitätsprojekte ein, um die Mobilitätwende voranzutreiben und das Lastenrad als attraktive, nachhaltigere und leistungsfähige Alternative zum MIV weiter zu etablieren.